Ein frischgebackener Präsident

Wie gestern von Maria im Live-Interview angekündigt, kommt hier pünktlich zum Sonntagskaffee mit Sonntagskipferl das große miia – Einstandsinterview mit dem frischgebackenen Präsidenten des Österreichischen Islandpferdeverbandes.

Arno Braschel wurde gestern einstimmig zum neuen Präsidenten des ÖIV gewählt. Seine Vorgängerin Dani Sasse hat ihn im Interview mit mir einen eloquenten und sehr motivierten Nachfolger genannt. 

Wer ist Arno Braschel aber? Wo kommt er her? Warum widmet er seine Zeit den Islandpferden? Was für eine Bedeutung hat der Sport für ihn und wie sieht er die Zukunft der österreichischen Islandpferdewelt? Das alles habe ich versucht, von ihm zu erfahren. Wir haben telefoniert. Der Herr Präsident und ich.

Wenn man Arno anruft, kommt einem eine angenehme, sonore Stimme entgegen. Ein gut gelaunter Mann ist am anderen Ende der Leitung.

miia: Arno, kannst du dich und deinen Weg zu und mit dem Islandpferd ein bisschen beschreiben?

Arno: Sehr gern mach ich das 🙂 ! Ich reite seit ich ein kleines Kind war, angefangen hat alles auf Großpferden. 1963 war ich zum allerersten Mal in Semriach und durfte dort ein Islandpferd kennenlernen. „Ponyführen“ hat das damals geheißen. Das war mein erster Kontakt, ich bin dann aber weiterhin auf Großpferden geritten. Ich komme aus einer Reiterfamilie, meine Eltern, meine Schwestern sind geritten, das teilweise sogar höchst erfolgreich. Irgendwann haben dann meine eigenen Kinder begonnen in Semriach auf Islandpferden zu reiten und ich hab ihnen zu geschaut und viel Zeit dort verbracht. Bald hatten wir ein Familienpferd, Nasi, den durfte ich aber nur heimlich reiten 🙂 .

Manchmal bin ich um 5h aufgestanden und vor dem Frühstück noch reiten gegangen. Meine Kinder sollten das nämlich nicht bemerken! 1997 war es dann so weit. Ich hab mir Castro gekauft, ein ehemaliges WM-Pferd, einen Rennpasser. Er war heiß, er war schnell – das hat mir richtig gut gefallen. Irgendwann bin mit ihm dann bei meinem ersten Turnier gestartet. Ich erinnere mich noch: Im ersten Durchgang ist alles gut gegangen, im zweiten konnte ich Castro nicht in den Pass legen. Diese Erfahrung war wichtig für mich und ich hab bemerkt, wieviel Freude ich am Turnierreiten habe.

Foto privat

2008 bin ich nach Island gefahren und hab mir meinen Ögri gekauft, mit dem ich in weiterer Folge bei vielen Turnieren gestartet bin. Mit ihm habe ich mich A-qualifiziert, über lange Zeit war ich sehr erfolgreich mit ihm unterwegs. Mit Ögri habe ich den Turniersport richtig kennen und lieben gelernt. Nur leider hat Ögri schwache Sehnen, ich habe ihn sehr geschont und wollte ihn irgendwann nicht mehr fordern. Also bin ich 2014 wieder nach Island gefahren und habe mir nach dem Landsmót Hlynur gekauft. Er hat mich fasziniert. Er ist mein aktuelles Turnierpferd, ein schwieriges Pferd, das dauert seine Zeit. Aber wir wachsen zusammen.

miia: Warum ausgerechnet Islandpferde?

Arno: Islandpferde haben mich wegen ihrer Zuverlässigkeit und ihrer Trittsicherheit von Anfang an fasziniert. Sie gehen mit ihrem Reiter über Stock und Stein. Sie sind so liebenswürdig, es gibt kein Beißen und kein Schlagen. Sie sind ideale Kinderpferde und auch Ausreitpferde. Man kann mit ihnen einfach einen Riesenspaß haben.

miia: Wo stehen denn deine Islandpferde heute?

Arno: Sie stehen in Semriach bei Gerrit Sager.

Foto privat

miia: Was verbindet dich mit dem ÖIV?

Arno: Ich habe als Kassier schon vor einigen Jahren begonnen mitzuarbeiten. Bei dieser Tätigkeit habe ich viele Leute des heutigen Vorstandes kennen und schätzen gelernt. Ich war außerdem der „Meister der Zeitnehmungsanlage“ 🙂 . Lange Zeit war ich der einzige, der sich damit ausgekannt hat, also hab ich mich immer um die Zeitnehmung gekümmert. Heute gibt es da glücklicherweise auch andere, die damit zurecht kommen 🙂 !

miia: Was war dein erster Gedanke, als man dich gefragt hat, ob du der neue Präsident sein möchtest?

Arno lacht: Meine erste Reaktion? Das war ein spontanes und kategorisches Nein! Aber dann ist der Gedanke in mir gereift und ich habe es immer mehr als eine Ehre empfunden, dass man mich gefragt hat. Die Islandpferdegemeinschaft hat mir in all den Jahren so viel gegeben. So viel schöne Zeit, in Österreich aber auch im Ausland. Mit diesem Amt hoffe ich der Islandpferdegemeinschaft auch etwas zurückgeben zu können.

miia: Wenn du an dein erstes, kommendes Jahr als Präsident denkst, was siehst du als deine ersten Aufgaben?

Arno: Am Anfang werde ich wohl in dieses Amt hineinwachsen müssen, ich trete in große Fußstapfen. Ich muss die Zusammenhänge kennen lernen, ich muss schauen, was es Gutes gibt und das möchte ich natürlich übernehmen. Dann möchte ich mir überlegen, was man noch tun könnte. Es gibt viele Dinge, die es anzupacken gilt.

Foto privat

miia: Das führt mich schon zu meiner nächsten Frage: Wie siehst du deine Tätigkeit im Horizont von fünf Jahren?

Arno: Ich möchte den ÖIV stärken. Ich möchte ihn ein Stück selbstständiger machen. Es gibt immer etwas zu tun. Wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit. Die Gesellschaft, ihre Aufgaben und Herausforderungen verändern sich sehr rasch. Ich denke, dass auch Organisationen bereit sein müssen, sich zu verändern und sich auch immer wieder zu erneuern. Kurzum: es gibt genug zu tun 🙂 . Ich möchte alle Facetten des ÖIV ansprechen, es gibt nicht nur den Sport, sondern auch andere Bereiche wie Ausbildung, Zucht und Freizeit. Auch diese Bereiche gehören bestmöglich unterstützt.

miia: Was hältst du denn von dem manchmal geäußerten Vorwurf, der ÖIV kümmere sich zu viel um Sport und Sportreiter? Wie wichtig sind dir denn die eben angesprochenen Bereiche Freizeit, Zucht und Ausbildung?

Geht es immer nur um Sport? Foto von Peter Niess

Arno: Ich halte diesen Vorwurf für nicht ganz gerechtfertigt, auch wenn ich ihn teilweise verstehen kann. Es ist nun mal so, dass der Turniersport immens wichtig ist für die Weiterentwicklung des gesamten Sports. Denk nur mal an den Schisport. Alle Entwicklungen von Material, Schigebieten, Schilehrern usw. gehen vom Profisport aus. Die gesamte Schi-Industrie dreht sich um den Rennsport. Das ist im Islandpferdesport nicht anders. Ohne den Sport wären wir, was den Stand der Ausbildungen, der Normen und der Qualität des Reitens betrifft, nicht dort, wo wir jetzt sind. Die Jugendlichen brauchen Idole, denen sie nacheifern können.

Ich halte den Sport für den Motor der Entwicklung. Wenn man ihn vernachlässigt, werden auch alle anderen Bereiche verkümmern. Wichtig ist es aber auf jeden Fall, auch für alle anderen Bereiche da zu sein. Auch für die Höfe möchte ich da sein. Was brauchen sie? Wie können wir sie und ihre Arbeit unterstützen? Was brauchen Trainer und Trainerinnen, damit sie ihre Arbeit machen können? Wir müssen auch an diese Menschen denken, denn wenn es sie nicht gibt, wird es bald unsere Gemeinschaft nicht mehr geben. Es gibt also auch in anderen Bereichen viel zu tun. Dennoch. Ich bleibe dabei: ohne Sport wäre die breite Basis nicht dort, wo sie heute ist.

Was brauchen Höfe? Foto von Viktoria Riegler

Du könntest meine Person so sehen: Ich bin ein Schüler, denn ich nehme an vielen Kursen teil. Meine Frau und ich besitzen 3 Hengste, also habe ich mich auch mit Zuchtthemen auseinandergesetzt. Ich bin an 350 Tagen im Jahr Freizeitreiter und an 15 Tagen im Jahr Turnierreiter. Ich stecke also mittendrin in allen Bereichen.

miia: Mir sind Jugendliche ein ganz besonderes Anliegen. Was wirst du denn für sie tun?

Arno: Gerade für Jugendliche möchte ich sehr viel tun. Sie sind die Zukunft unserer Islandpferdegemeinschaft. Ohne Jugend würde alles verebben und aufhören. Womit wir konfrontiert sind, ist die Tatsache, dass wir eine sehr starke Konkurrenz von allen möglichen Anbietern von Freizeitgestaltung spüren. Da rede ich jetzt gar nicht von Großpferden, Spring- oder Dressursport, sondern von allen Arten von Freizeitgestaltung – von Klettern bis Tennis. Hier müssen wir uns überlegen, wie kann man Jugendliche für die Islandpferdegemeinschaft gewinnen? Ich habe bei der FEIF-Konferenz in Stockholm, bei der ich dabei sein durfte, vieles gesehen, was man tun kann, was andere Länder machen und wo man sich sehr gut anhängen könnte. In den ersten Mai-Tagen wird es ein D-A-CH (Deutschland, Österreich, Schweiz) – Treffen geben, bei dem es viel um diese Fragen gehen wird. Auch der Bereich der Ausbildung wird international in eine engere Kooperation gehen.

Was braucht die Jugend? Foto von Viktoria Riegler

miia: Und jetzt noch ganz persönlich: Wie wird sich dein Alltag durch die Übernahme dieses Amtes verändern?

Arno: Naja, ich denke, das Telefon, das jetzt am Wochenende nur selten läutet, wird dies wohl öfter machen 🙂 . Ich werde zu mehr Turnieren fahren, als Besucher, als Zuseher. Ich möchte mich unter die Community mischen, mit den Reitern plaudern. Ich werde also sicherlich mehr unterwegs sein als jetzt. Außerdem möchte ich auch die internationale Arbeit verstärken. Ich werde also mein Hobby intensivieren, wenn du so willst. Eines ist mir aber wichtig: ich möchte nicht nur am Papier Präsident sein, sondern mich wirklich engagiert einbringen und so der Islandpferdegemeinschaft das zurückgeben, was sie mir über all die Jahre gegeben hat.

miia: Danke lieber Arno für das Interview! Ich wünsche dir alles Gute für deine erste Amtszeit. Mögen dir deine Vorhaben gelingen!  

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