Fidel, Fieber und Islandpferde

Winterzeit ist Grippezeit. Leider! Besonders schlimm trifft es jene, die Beistand bei einer echten Männergrippe leisten müssen. Wobei es ein Irrglaube ist, dass nur Männer an der Männergrippe erkranken können. Seriöse Studien (durchgeführt von mir) haben gezeigt, dass durchaus auch Frauen (also ich) Opfer dieser heimtückischen Krankheit werden können. Allerdings muss ich erwähnen, dass es eine Steigerungsform der Männergrippe gibt: Die Fidelgrippe! Eine Fidelgrippe ist eine Nahtoterfahrung (also für Fidel).

Fidel hat Fieber

Sie ist noch schlimmer als Schneeklumpen an den Pfoten oder in eine Brennessel zu steigen. Ich durfte ein einziges Mal Zeugin einer echten Fidelgrippe werden. Fidel hatte Fieber und es war dramatisch. Man sagt ja oft Tiere wären die schwierigeren Patienten, weil sie einem nicht mitteilen können, was ihnen weh tut. Das kann ich von Fidel nicht behaupten … also, dass er sich nicht mitteilt. Er teilt sich nämlich gerne mit (vor allem wenn er arm ist). Spätestens als er zitternd und wimmernd auf mir herum getrampelt ist war mir klar: Der Hund ist krank.

Fidel – ein geduldiger Patient?

Beim Pferd verhält sich das anders. Das ist im Gegensatz zu Fidel knallhart. Das würde vermutlich, selbst wenn es kurz vor dem Kollaps steht, immer noch die Kraft finden auf der Rennstrecke mit mir im gestreckten Galopp abzuziehen (total kontrolliert natürlich … also vom Pferd). Der Isländer kennt halt einfach keine Schwäche, zumindest widerstrebt es ihm diese zu zeigen. Womit nach der geringen Kältetoleranz von Fidel wohl wieder mal bewiesen ist, dass Fidel der absolute Antiisländer ist.

Martina und Krafla

Aber was ist Fieber überhaupt? Wie erkenne ich es? Was sind die Ursachen und was kann ich tun? In eine Decke eingepackt bei winterlichem Regenwetter habe ich beschlossen, all diesen Fragen auf den Grund zu gehen.

Fieber ist keine Krankheit, sondern eine Reaktion des Körpers. Das Gehirn steuert bei allen Säugetieren die innere, konstante Körpertemperatur (was ziemlich praktisch ist, weil wir nicht wie Schlangen und Eidechsen mal eine Stunde in der Sonne liegen müssen um den Tag zu starten).

Es gibt eine ideale Temperatur für unseren Körper. Bei dieser laufen alle Prozesse reibungslos. Wenn der Körper allerdings einer Bedrohung ausgesetzt ist, gibt er ein Signal, die Temperatur zu erhöhen. Die meisten Prozesse auf Zellebenen laufen nämlich am besten um die 37 °C.

Gesunde Pferde

Um gewissen Krankheitserregern das Leben schwer zu machen und ihre Vermehrung zu stoppen, heizt der Körper einfach mal auf. Dies tut er indem er z.B. seine Muskeln einsetzt. Der wohlbekannte Schüttelfrost ist nichts anderes als schnelle Bewegung, um den Körper hoch zu heizen. Gleichzeitig werden die Blutgefäße verengt, damit ja nichts von der Wärme verloren geht. Wohlgemerkt ist das natürlich nicht nur für Bakterien und Viren unangenehm, sondern auch für unsere eigenen Zellen. Deshalb gibt es immer noch viele Diskussionen darüber, ob Fieber mehr schadet als hilft.

Wann hat mein Pferd Fieber?

Beim ausgewachsenen Pferd in Ruhe gilt folgendes:

  • 32,0 – 37,4°C Untertemperatur
    37,5 – 38,2°C Normaltemperatur
    38,3 – 39,0°C leichtes Fieber
    39,1 – 40,5°C Fieber
    40,6 – 42,0°C hohes Fieber

Fohlen und Pferde nach körperlicher Belastung haben höhere Werte ohne dass es sich dabei um Fieber als Krankheitssymptom handelt.

Fohlen können eine höhere Körpertemperatur haben_Foto by Lisi Wittmann

Wie erkenne ich Fieber beim Pferd?

Das Pferd frisst und/oder trinkt nicht mehr (bei Fidel nur nach Eintreten des Tod vorstellbar). Wenn das Pferd sich auffällig lethargisch und ruhig verhält, sich nicht bewegen will. Beim Anzeichen von anderen Symptomen wie Ausfluss aus der Nase, Husten oder Schwellungen an den Lymphknoten oder bei Verletzungen.

Was sind die Ursachen von Fieber?

Das ist jetzt wahrlich das Komplexeste an dem ganzen Thema. Wie bereits erwähnt, ist Fieber keine Krankheit, sondern eine Reaktion des Körpers. Worauf genau, kann ganz unterschiedlich sein:

  • Infektion und Entzündung durch eine äußere Verletzung:
    Durch äußere Verletzungen können Bakterien in den Körper eindringen und sich so über die Blutbahn ausbreiten. Meist ist ein Kratzer einfach nur ein Kratzer und gehört zum Pferdeleben dazu. Vor allem wenn Blut fließt, passiert meistens nicht viel, weil alles gut ausgespült wird. Aber gelegentlich passiert es, dass kleine minimale Wunden sich zu schnell schließen und so unter der Kruste ideale Bedingungen für Keime geschaffen werden, die dann den Feldzug von dort aus starten. Ist dann auch noch das Immunsystem gerade geschwächt, kann es schon mal passieren, dass man mit Phlegmone konfrontiert wird. Darunter versteht man eine Entzündung des Bindegewebes und der Lymphgefäße. Wer Phlegmone einmal gesehen hat, wird sie wohl sofort jederzeit wieder erkennen. Das Bein ist dick geschwollen, das Pferd hat Schmerzen und je nach Stadium kommt dann das Fieber. In diesem Fall muss sofort der Tierarzt her und Antibiotikum gegeben werden.

 

  • Infektionen nach Operationen
    Auch hier gilt wie bei äußeren Verletzungen, dass das Fieber als Reaktion auf einen Keim ausgelöst wird. Daher sicherheitshalber nach Operationen Fieber messen.

 

  • Ansteckende Infektionskrankheiten
    Bei diesem Punkt schrillt vor allem das Alarmwort „Druse“ in den Köpfen vieler Pferdemenschen. Diese durch ein Bakterium verursachte Krankheit ist wie unsere gemeine Grippe eine Tröpfcheninfektion. Das heißt, sie kann direkt von Pferd zu Pferd über Maul und Nasenkontakt oder aber auch durch Menschen und mitgeschleppte Keime auf Kleidung, Futtertrögen oder Reitutensilien übertragen werden. Allerdings fallen noch viele weitere Erkrankungen in diese Kategorie, darunter auch einige Viruserkrankungen wie Influenza und Herpes. Ebenso können einige Blutparasiten zu Fieber führen.

 

  • Koliken
    Nachdem unter dem Begriff Kolik lediglich Schmerzen im Bauchraum zu verstehen ist, kann es sich dabei um eine simple Magenverstimmung bis hin zu hochgradigen Entzündungen handeln. Daher sollte man bei Anzeichen einer Kolik auch immer auf die Temperatur achten. Dabei sollte man auch bedenken, dass das Fieber selbst zu einer Kolik führen kann. Durch Dehydration kann es nämlich zu einer sekundären Koteindickung kommen, welche dann wiederum eine Kolik zur Folge haben kann.

 

  • FUO (aka fever of unknown origin)
    Dabei handelt es sich um Fieber, bei dem kein Erreger und keine Ursache gefunden werden kann. Fiebersenker werden in diesem Fall nur dann verabreicht, wenn das Pferd dadurch nicht mehr isst oder trinkt.

 

  • Neoplasien
    Generalisierte Tumorerkrankungen wie zum Beispiel ein Lymphom können sich durch Fieber bemerkbar machen.

 

  • Hitzschlag oder Überlastung
    Nicht immer müssen innere Infekte der Auslöser von erhöhter Körpertemperatur sein. Auch die Außentemperatur und die Belastung selbst können direkt Einfluss darauf haben und durchaus gefährlich für das Pferd werden.

 

Ein angenehm kühler Ort im Sommer: die Alm

Was kann ich tun bei Fieber?

Nachdem Fieber in den meisten Fällen quasi ein Kampf des Körpers gegen einen Gegner ist und durchaus sehr ernste Hintergründe haben kann, sollte bei Fieber auf jeden Fall immer ein Tierarzt hinzugezogen werden. Gerade bei hohem Fieber helfen meist nur fiebersenkende Medikamente und Antibiotika. Dabei gilt aber immer, dass Fieber prinzipiell eine Immunreaktion des Körpers ist, die durchaus einen Nutzen hat. Daher sind gerade Fiebersenker nur dann sinnvoll, wenn das Pferd aufgrund des Fiebers nicht mehr fressen oder trinken will.

Nachdem wir vermutlich alle schon mal selbst Fieber hatten, ist es leicht nachzuvollziehen, wie es dem Pferd mit Fieber geht. Nämlich nicht gut.

Warmhalten durch Decken und eventuell kühlende Beinwickel können helfen, dem Pferd das Leben ein bisschen zu erleichtern.

Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, Fidel einen Beinwickel anzulegen. Eine schreckliche Vorstellung. Das erinnert mich daran, wie er sich letztes Jahr, in der Vorweihnachtszeit, eine Kralle abgebrochen hat und wir beim Tierarzt zu dritt den Verband anlegen mussten. Und das, obwohl er nur 10 kg Kampfgewicht hat. Aber das weiß er einzusetzen. Kaum vorstellbar wenn ich ihn mir jetzt so ruhig, pupsend, neben mir schlafend ansehe. Wir hoffen einfach, dass Fidel nie niemals Beinwickel braucht.

Fidel, der Terrorterrier
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