Eve Barmettler auf der WM Bahn 2025

Der Lohn für 40 Jahre Hestar Hof

Wenn man mit Eve Barmettler spricht, hat man den Eindruck, sie könnte endlos viel erzählen. Eve hat die Geschichte der Islandpferde in der Schweiz – und in ganz Europa – miterlebt und mit all ihrer Leidenschaft und ihrem Idealismus begleitet und mitgestaltet.

Eve Barmettler, die dieses Jahr ihren 74. Geburtstag feiert, hatte das Glück, als Kind die „Pioniere“ in der Schweiz miterleben zu dürfen. Durch Zufall, wie sie selbst sagt, stammt sie doch nicht aus einer Pferde-Familie.

„Die Pioniere waren große, starke Männer mit Familien, die für ihre Kinder Anfangs der 60 Jahre, also Mitte des letzten Jahrhunderts, Ponies aus Island wollten und sie dann selbst geritten sind,“ erklärt mir Eve lachend. Nach und nach zogen Islandpferde dann auch in anderen europäischen Ländern, wie Deutschland und Österreich, ein. Und langsam haben die kleinen Pferde aus dem hohen Norden die Herzen der Menschen am gesamten europäischen Kontinent, ja sogar fast auf der ganzen Welt, erobert. „Wir haben alle zusammengehalten, wir waren zielstrebig, ohne wirklich das Ziel gesehen zu haben. Wir waren Idealist*innen voller Begeisterung für das Islandpferd“. Eve und ihre Mitstreiter*innen scheuten keine Gelegenheit, das Islandpferd bekannter zu machen. Sie waren zum Beispiel bei landwirtschaftlichen Ausstellungen und haben Islandpferde einem großen Publikum gezeigt. Nicht nur die damaligen Sportpferde.

Eve und Sörli frá Saudarkroki (Hassan) 1972 bei der EM_Foto Georg Barandun Flims

Sie haben das Islandpferd mit all seinen Facetten präsentiert, vom Kinderpferd bis hin zum Reitpferd für Erwachsene. „Unbewusst haben wir damals schon das „Gesamtpaket Islandpferd“ allen Menschen, auch Schüler*innen und sogar Kindergartenkindern, gezeigt und voller Begeisterung von ihnen erzählt. Wir waren von oben bis unten, von innen nach außen auf Islandpferde eingestellt. Wenn wir mal auf Urlaub gefahren sind, dann nur nach Island. Wenn wir einen Hund gekauft haben, dann nur einen Islandhund. Und wenn wir einen Pullover gekauft haben? Dann natürlich nur einen Islandpullover 🙂 ! Unsere Islandliebe war ein Ritual, unser way of life – mit allem, was dazugehört.“

Logo Hestar-Hof 1972

miia: Wie bist du denn selbst zu deinen Islandpferden gekommen?

Eve: Mit 11 Jahren habe ich mein erstes Pflegepferd bekommen und von da an hatte ich den Traum, einen Islandpferdehof aufzubauen. Das war damals, vor über 60 Jahren, insbesondere für eine junge Frau ein undenkbares Projekt. Ich habe eine Lehre als Schreinerin gemacht, meinen Traum vom Gestüt aber nie aufgegeben, nie aus den Augen verloren. Es ist dann so gekommen, wie es mit solchen Träumen kommt – ich habe den Islandpferdebetrieb Hestar Hof in der Nähe von Zürich aufgebaut und an die 40 Jahre lang geführt.

miia: Freust du dich nun, dass die WM 2025 wieder in die Schweiz kommt?

Eve: Und wie! Ich empfinde es wie einen Lohn für 40 Jahre Arbeit am Hestar Hof. Mein Hof war für viele Jugendliche wie ein zweites Zuhause. Sie haben ihre gesamte Freizeit dort verbracht, sie hatten all ihre Freunde und Freundinnen da. Die Jugendlichen haben am Hof mitgeholfen, teilweise auch als Praktikant*innen und später als „EFZ Pferdefach Lernende Gangpferdereiten“ bei uns gearbeitet. Wir waren wie eine große Familie, mein Herz gehörte den Pferden und den Jugendlichen. Und nun ist es so weit: Fünf der Hestar Hof-Jugendlichen von damals sind heute im Organisationskomitee (OK) der Weltmeisterschaft.

miia: Du bist bestimmt selbst schon bei Großevents in der Schweiz mitgeritten?

Eve: Ja, ich bin schon 1972 bei der Europameisterschaft in St. Moritz mitgeritten, damals habe ich „nur“ die Dressur gewonnen. Bei der WM 1995 in Fehraltorf war ich auch dabei, bin zwar nicht ganz vorne mitgeritten, B-Finali habe ich aber erreicht. Damals durfte ich die FEIF Standarte übergeben, die mit dem Stafettenritt von Norwegen in die Schweiz gebracht wurde.

Übergabe der FEIF-Standarte 1995

miia: Wie wichtig sind internationale Zusammenkünfte?

Eve: Sehr, sehr wichtig. Vor 60 Jahren hätte niemand, wirklich niemand, gedacht, dass Islandpferde einmal so eine Bedeutung haben werden. Man konnte nicht ahnen, wie nachhaltig sich die Islandpferdereiterei entwickeln würde. Wir haben über die Jahre bei allen möglichen Anlässen unsere Pferde präsentiert und damit immer wieder Schwung in die Szene gebracht. Daher sind internationale Treffen so wichtig. Man sieht dort nicht nur begabte Sportpferde, sondern kann auch bei allen Arten von Präsentationen Informationen und Wissenswertes rund um diese fantastische Pferderasse bekommen. Internationale Zusammenkünfte zeigen unseren Zusammenhalt, den roten Faden, der uns unbewusst über 60 Jahre lang geleitet hat.

WM 1999: Eve mit Eirikur Raudi frá Holum P1_Foto Neddens Tierfoto

miia: Hat sich die Islandpferdewelt über die Jahre verändert?

Eve: Ja, sehr. Früher waren wir mehr in Feierlaune. Es gab mehr Parties und Feste. Lagerfeuer. Romantik. Auch damals bei uns am Hestar Hof. Heute sind Sportergebnisse wichtiger, die Pferde sind teurer, die Menschen, die aktiv am Turnierplatz sind, haben tendenziell mehr Geld zur Verfügung. Der Sport ist ernsthafter geworden, professioneller, man trainiert viel mehr und möchte nichts falsch machen. Es ist anders heute – aber auf keinen Fall schlechter! Ich hoffe, dass bei der diesjährigen WM der Spaß dennoch nicht zu kurz kommt. Denn der Sport ist zwar wichtig – das Drumherum aber auch. Für Fans und Noch-nicht-Fans. Eine WM ist eine großartige Gelegenheit, Menschen, die Islandpferde noch nicht so gut kennen, auf diese aufmerksam zu machen.

miia: Apropos WM! Kannst du mir ein kleines Update geben? Wie sieht es denn jetzt gerade am WM-Gelände aus?

Eve: Derzeit ist das Gelände eine riesengroße grüne Fläche – mit einer Ovalbahn und einer Passbahn. Es steht weiters ein Baum dort, der noch nicht eingepflanzt wurde und eine Riesenbank, die ca. 2m hoch ist 🙂 . Ab 7. Juli wird die Bahn aber für alle gesperrt werden, denn dann beginnen die Aufbauarbeiten des gesamten restlichen WM-Geländes, von Gastronomieplätzen bis Tribünen. Es wird ein riesengroßes Festgelände entstehen.

Eve Barmettler auf der WM Bahn 2025

miia: Was wünscht du den Veranstalter*innen?

Eve: Zwei Dinge. Als Erstes wünsche ich ihnen, dass das Wetter hält. Nicht zu heiß, nicht zu kalt, vor allem aber trocken soll es sein. Das Zweite, das ich ihnen wünsche, ist sauberer Sport. Möge es fair und korrekt zugehen.

miia: Vielen Dank, liebe Eve, für das Interview!

Eve: Sehr gerne!

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