Von Enttäuschung und Wohnmobil

Wenn man ganz große Hoffnungen und Erwartungen hat, können sie leider enttäuscht werden. Zu sagen, dann wäre es doch besser, überhaupt keine Erwartungen mehr zu haben, um nicht enttäuscht zu werden, redet sich erstens leicht und zweitens ist das Leben dann doch nur halb so schön? Vanessa Nimmrichter hatte ganz große Erwartungen. Hoffnungen. Und wohl auch Chancen, dieses Jahr in Oirschot bei der WM der Islandpferde dabei zu sein. Und dann kam ihr die Druse dazwischen – ihr Pferd Dyri war gesund, stand aber an einem Hof, an dem Druse diagnostiziert wurde. Eine Turnierteilnahme ist in solchen Fällen einfach nicht möglich. Das war dann das Aus für Vanessas Hoffnungen, an der WM teilzunehmen, sie konnte ja zu keinem Qualifikationsturnier fahren. Da wollte ich die Jugendliche mal fragen, wie es ihr jetzt geht. Und ob sie all dem vielleicht doch noch etwas Positives abgewinnen kann?

Vanessa und Dýri_Foto privat

miia: Bitte erzähl mir mal von deinem Pferd. Was ist das Allertollste an ihm?

Vanessa: Wo soll ich da nur anfangen?! Das Allertollste an ihm ist, dass er, wenn er etwas macht, Spaß dabei hat und es mir zuliebe und mit mir gemeinsam macht. Er ist sehr sensibel, was ihn meiner Meinung nach auszeichnet, weil nicht jeder mit ihm klarkommt. Selbstverständlich ist Dyri ab und zu stur und möchte den Chef heraushängen lassen, aber wenn man sein Vertrauen gewonnen hat, lässt er einem freie Hand.

miia: Man sagt, du hättest dich lange auf und gut auf die WM vorbereitet und Chancen gehabt, daran teilzunehmen. Warum wolltest du unbedingt dabei sein?

Vanessa: Ja, ich wollte wirklich bei allen Dingen auf Nummer sicher gehen bei der Vorbereitung. Da Dyri sehr sensibel ist und meine Stimmung, egal ob Verunsicherung oder anderes, sich eins zu eins in seiner Leistung widerspiegelt, bin ich als Vorbereitung zur WM zu einer Mentaltrainerin gegangen, weil meiner Meinung nach auch das sehr wichtig ist, um seinem Pferd Sicherheit zu bieten. Bis zur Österreichischen Meisterschaft 2016 hatte Dyri in den Finali relativ oft ein Eisen verloren. Ab August 2016 haben wir einen hohen Aufwand betrieben, damit Dyri von Trausti beschlagen wird. Danke an Trausti für seinen Einsatz in der Zeit. Warum wollte ich unbedingt dabei sein, das ist eine gute Frage. Erfahrungen die man fürs Leben mitnehmen kann, eine Chance die man im Leben wahrscheinlich nicht mehr so schnell bekommen wird, ein noch stärkeres Team mit meinem Pferd zu werden und all denen, die an uns gezweifelt haben, zu zeigen, dass wir trotz Höhen und Tiefen nicht aufgeben und für unsere Ziele kämpfen.

miia: Wie viel habt ihr beide denn trainiert und wie?

Vanessa: Mit Spaß und Freude an der Sache!! Ohne Spaß geht selbst bei der Vorbereitung für die WM-Quali Turnieren nichts. Unser Training verläuft immer sehr abwechslungsreich, so dass Pferd und Reiter nicht langweilig wird. Mal ausreiten, dann wieder longieren, regelmäßige Reitstunden. Ein für uns ganz tolles Training ist das Intervalltraining, das macht uns beiden riesigen Spaß. Natürlich müssen Dyri und ich regelmäßig zusammen trainieren um ein immer besseres Team zu werden. Dazu gehört nicht nur grundlegende Dressurarbeit, sondern auch Gruppentraining auf der Ovalbahn, Bodenarbeit und viel Ausreiten. Wie oft wir trainiert haben, kann ich gar nicht so genau sagen. Ich gehe noch in die Schule, in die 2. Klasse einer Handelsakademie und das kann mal sehr stressig sein. Deshalb habe ich versucht immer dann zu reiten, wenn mein Gemüt und meine Motivation es zugelassen haben.

miia: Als dieser Druse-Alarm kam: was war dein erster Gedanke?

Vanessa: Mein erster Gedanke: Hoffentlich hat alles, was wir bis jetzt gemacht und unternommen haben gereicht, um Dyri vor der Krankheit zu schützen. Und zwar nicht, weil sonst meine Aussichten auf die Qualis oder die WM schlecht aussahen, sondern weil jeder, der mich kennt, weiß, dass mir mein Pferd sehr sehr viel bedeutet und mir immer wichtig war und ist, dass es ihm gut geht. Zu diesem Zeitpunkt, es war ein paar Tage vor der 1. Quali, wollte ich auch kein einziges Qualiturnier und auch die WM nicht reiten, weil der Fokus auf den Erhalt von Dyris Gesundheit gelegen ist.

Foto privat

miia: Wie ist es dann abgelaufen?

Vanessa: Den großen “Vorteil”, den wir am Hof hatten, war jener, dass die erkrankten Pferde alle aus Boxenhaltung waren und sofort in den Quarantänestall kamen. Aufgrund der Inkubationszeit war es jedoch per Ende Mai nicht klar, welche Pferde sich eventuell noch angesteckt hatten. Der Laufstall mit ca. 20 Pferden liegt ja gegenüber den betroffenen Boxen. Es wurde am Hof alles unternommen um ein Übergreifen der Druse auf einen Laufstall und andere Pferde zu verhindern. So haben wir in diesem Zeitraum an die 50 Liter Desinfektionslösung für den Personenverkehr, nur zur sicheren Vorbeugung verbraucht. Dieser Einsatz hat sich gelohnt. In der zweiten Junihälfte war es für uns dann klar, dass wir es geschafft haben, alle anderen Pferde am Hof zu schützen. Wir waren nun 5 Wochen ohne krankes Pferd und ohne Neuerkrankung. Das war auch der Zeitpunkt wo mein Ehrgeiz, sich für die WM zu qualifizieren wieder zurückkam. Weißt du, der Dyri wird schon immer regelmäßig von drei Tierärzten behandelt. Auch in dieser Zeit konnten wir auf die unterschiedlichen Fachbereiche aller drei Tierärzte zurückgreifen. Da sind wir Perfektionisten, die auf Nummer sicher gehen wollen, wenn es um die Gesundheit geht.

miia: Aber dennoch war eine Teilnahme an einem Qualifikationsturnier ausgeschlossen. Zum Schutz aller anderen Tiere. Ich kann mir deine Enttäuschung gut vorstellen. Was ist für dich das Schlimmste daran?

Vanessa: Wir vom URC Burghauser sind auch im Österreichischen Jugendkader mit fünf Mitgliedern vertreten. Keiner von uns konnte in diesem Jahr seine Leistungen unter Beweis stellen. Wir hätten dieses Jahr, denke ich, ein ganz erfolgreiches Jahr für den URC Burghauser feiern können. Für die Zukunft würde ich mir mehr Vertrauen und offenen aber auch fairen und ehrlichen Umgang mit solchen Situationen wünschen.

miia: Wie sehen deine Pläne für die nächste WM aus?

Vanessa: Ganz ehrlich! Soweit denke ich jetzt mal nicht voraus. Ich möchte dieses Jahr, alleine wegen dem FEIF WorldRanking jedenfalls noch zwei Turniere reiten. Auf jeden Fall die Salzburger Meisterschaften bei uns am Hof. Ja, und dann ist es davon abhängig, wie der Turnierveranstalter, aber auch die anderen Starter auf eine eventuelle Nennung von uns in Semriach zu den Steirischen Meisterschaften reagieren. Reiten würden wir diese gerne, aber nur, wenn auch keiner ein Problem mit einem Start von uns hat.

Foto privat

miia: Was hat dich am allermeisten getröstet in dieser Zeit?

Vanessa: An alle, die ich hier erwähne, geht ein riesengroßes Dankeschön hinaus, weil sie mich immer unterstützen und immer hinter mir stehen. Allen voran meinen Eltern, die immer mit Rat und Tat zur Seite stehen. In dieser Zeit habe ich versucht, mich viel abzulenken und viel mit meinem Freund geredet, wie er als Außenstehender diese Situation sieht. Ohne meinen Freund, meine Eltern und meine Freundinnen wäre ich in dieser Zeit sicher verunsichert gewesen, aber wenn man Personen hat, die, egal was man macht, stolz auf einen sind, hilft das ungemein.

miia: Kannst du dem auch noch irgendwas Gutes abgewinnen?

Vanessa: Naja, es mag, sagt zumindest mein näheres Umfeld, sehr lehrreich sein, diese Situation. Jetzt sind ja schon einige Tage seit der Entscheidung nicht zu starten vergangen. Statt mit dem Pferd nach Holland zu tuckern, machen meine Eltern und ich nun einen tollen Urlaub in Holland. Bereits eine Woche vor der WM werden wir mit dem Wohnmobil in Richtung der Insel Texel starten und natürlich dann rechtzeitig zur WM in Oirschot eintreffen, wo wir die Österreichische Equipe von den Rängen aus anfeuern werden.

miia: Das nenn ich mal einen guten Plan B 🙂 ! Liebe Vanessa, ganz herzlichen Dank für dieses Interview und ich wünsche deiner Familie und dir eine wunderbare Zeit in Holland. Mit dem Wohnmobil durch Holland – da werden Kindheitserinnerungen in mir wach. Was für ein Traum.  

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