Frau Kekhs erklärt

Es ist mir wieder mal eine besondere Ehre, das miia-Feld für die kluge Frau Kekhs zu räumen! Frau Kekhs, übernehmen Sie!

Dem Turniereinsteiger von heute mag es so vorkommen, dass anno 2016 mehrere neue Bewerbe am Markt sind. In mehreren Ausschreibungen so da gesehen “Tölt in Harmony” (Level 1, 2 und 3!!!???), oder “Gæðingakeppni” (A-Flokkur, B-Flokkur!!!???).

Meine Bildung zu Tölt in Harmony (TiH) reicht gerade einmal so weit, dass ich weiß, dass man einen mit Kreide oder Kalk ausgewiesenen Parcours in Viereck oder Halle, abwechselnd auf Zirkeln und Diagonalen reitet: im Tölt. Darum Tölt in Harmony. Hat eine gewisse Logik, wie ich finde.

Was ich auch noch weiß ist, dass es eben um die Harmonie zwischen Pferd und Reiter geht, dass das korrekte Reiten von Biegungen, Stellungwechsel etc. nach den klassischen Lehren des Dressurreitens einen gewichtigen Faktor erhält, und dass es endlich einmal NICHT nur um die spektakuläre Vorhandbewegung des Pferdes geht. Hier dürfte der Punkt erreicht sein, wo mein Wissen endet. Nein, eines noch. Tatsächlich werden diese Bewerbe in Österreich 2016 erstmals ausgeschrieben (in Island reitet man TiH schon seit 1 oder 2 Jahren).

Ich stelle fest, für einen angemessenen miia-Beitrag „Frau Kekhs erklärt“, muss ich vertiefter recherchieren. Ich mische mich also undercover unter das schaulustige Publikum am Sax und vernehme zu meinem großen Erstaunen die Frage der Richterin: „Reitest du deine Prüfung im Tölt oder im Trab?“.

???? Man darf Tölt in Harmony auch im Trab reiten??? „Nur im Level 1“, wird mir vom fachkundigen Publikum, zu dem ich mich nicht zähle, versichert. Ich erlaube mir den Gedanken, dass dies ein wenig grotesk ist, und beschließe Tölt in Harmony für den Augenblick ad acta zu legen. Ich wende mich lieber dem Gæðingakeppni zu. Das bin ich schon selber geritten, da glaube ich mich auszukennen (jedenfalls besser als mit TiH…).

Gæðingur steht im isländischen als Synonym für „Traumpferd“.

Oftmals ehrfürchtig geflüstert vernimmt man dieses Wort, ist von einem Gæðingur die Rede. Der Gæðingakeppni ist der Reiter dieses Traumpferdes und daraus leitet sich der Name des Wettkampfes ab.

Der A-Flokkur ist für Fünfgänger, der B-Flokkur für Viergänger. Abgehalten wird das Gæðingakeppni zumeist auf einer geraden Bahn (Passbahn), die mindestens 175 m misst. Wenn ihr im Regulativ wühlt, werdet ihr herausfinden, dass in Island auf 300 m Ovalbahnen geritten wird, aber wer hat am Kontinent schon eine 300m-Bahn?

Den Isländern war der Ausdruck, der Spirit, die Expression ihrer Pferde immer schon in hohem Masse wichtig, und bis zum heutigen Tage wird an dieser Tradition festgehalten. Deshalb gibt es diese Gæðingakeppni. In diesem Wettkampf erhalten diese hochgeschätzten Eigenschaften der Traumpferde ihre angemessene Gewichtung: nämlich werden zu den Noten für die einzelnen Gänge, auch Noten für Temperament (Spirit), und Form unter dem Reiter vergeben. Diese beiden Noten, Temperament und Form, sind mit doppeltem Faktor belegt!

Zur Abwicklung: in der Vorentscheidung B-Flokkur befindet sich der Reiter allein auf der Bahn und darf in beliebiger Reihenfolge 6 Längen die Gänge Schritt, Trab, Galopp, langsamen und schnellen Tölt zeigen. Die sechste Länge darf er frei wählen (üblicherweise reitet er den Gang noch einmal, der womöglich beim ersten Versuch nicht geglückt ist, und wo er demzufolge Verbesserungspotential sieht, oder er wählt jenen Gang, den er einfach für seinen besten hält – um Richter und Publikum auf der finalen Länge nachhaltig zu beeindrucken).

A-Flokkur wird genauso abgehalten wie B-Flokkur, nur eben für Fünfgänger. Wieder werden 6 Längen geritten, aber hier Tölt (beliebiges Tempo), Trab, Schritt, Galopp und Pass. Tölt und Pass werden im A-Flokkur mit doppeltem Faktor bewertet.

Die Vorentscheidungen werden einzeln geritten, in den Finals dürfen die Top 7 der Vorrunde nochmal ran. Das müsst ihr euch nun so vorstellen, dass die Pferde nicht alle gleichzeitig über die Passbahn schottern, sondern sie kommen hintereinander in angemessenen Abständen auf die Bahn (zuerst reiten alle in die eine Richtung, dann alle in die andere, usw.). In den Finals werden Schritt und Galopp nicht mehr geritten. Im B-Flokkur wird noch einmal langsamer Tölt, Trab und schneller Tölt gezeigt, im A-Flokkur Tölt – Trab – Pass.

Was gibt´s zu diesem tollen Wettkampf noch zu sagen? Ach ja, die Notenskala geht von 5.0 bis 10.00. Sprich 5.00 ist der unsympathische 0er der Ovalbahnbewerbe.

Ob ihr das starten dürft?! Ja, jeder darf Gæðingakeppni ohne Vorqualifikation reiten, ich gebe nur zu bedenken, dass alle Pferd/Reiterpaare zwar getrennt nach Altersklassen aber grundsätzlich im selben Pot gegeneinander reiten (soll heißen nixie Sport A – B – C Splittung).

 

Mehr von “Frau Kekhs erklärt” findet ihr übrigens hier.

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