Heute ist ein schöner Tag für mich. Meine Náma hat Geburtstag. Die Jüngste ist sie nicht mehr – sie ist heute genau 17 Jahre alt. Für ihre Zartheit kommt mir meine Stute übrigens recht selbstbewusst vor. Kuscheleien lässt sie über sich ergehen, steht aber nicht unbedingt drauf. Sie hört gut zu, reagiert auf meine Stimme … und hebt zumindest den Kopf, wenn ich auf die Koppel komme, um sie zu holen. Immerhin macht sie meist ein paar Schritte auf mich zu. Sie rechnet sich wohl Chancen auf ein Leckerlie aus. Aber von “filmreif” sind diese Szenen weit entfernt. Das Pferd sieht dich in der Ferne, wiehert – und stürmt in rasendem Galopp auf dich zu, um dich freundlich zu begrüßen. Bei Náma und mir: Fehlanzeige. Trotzdem gehören wir zusammen. Ich mag dieses stolze Tier einfach. Wie sagt man so schön? Sie ist eine große Lehrmeisterin.
Als ich heute, nach zweitägiger Pause mal wieder den Computer aufgedreht hab, hab ich eine Mail von Amelie gefunden. Sie war eine der Gewinnerinnen des Outdoor Riders Cup 2017 und hat mir ein paar Zeilen geschrieben. Zum Thema: warum ist die Sache mit dem eigenen Pferd nicht immer so romantisch, wie es im Buch oder im Film dargestellt wird?
Amelie hat mir geschrieben: “Schon seit einiger Zeit spiele ich mich mit dem Gedanken, dir zu schreiben. Es geht um Seelenpferde. „Seelenpferd“ – ich glaube, DAS Modewort, wenn es ums (eigene) Pferd geht. Denn wer kennt nicht die Fotos und Videos von Pferden, die schon wenn du den Stall betrittst, zum Gatter galoppiert kommen, von diesen typischen Pferd/Mensch – Pärchen, die man von allerlei Pferdefilmen wie Ostwind und Co dargestellt bekommt.
Und dann hat man endlich sein eigenes Pferd und wartet darauf, all das auch machen zu können … und das Seelenpferdfeeling bleibt aus. Aber warum? Du hast das Pferd deiner Träume, aber warum ist es dann nicht wie im Film???”
Amelie schreibt weiter: “Und genau da ist meiner Meinung nach das Problem. Wir bekommen von allerlei Medien und Filmen “reingedrückt”, wie perfekt nicht immer alles mit dem eigenen Pferd läuft. Dann zweifelt man manchmal schon bei einem kleinem Rückschlag an sich selbst und seinem Pferdchen. Und das sollte eigentlich nicht sein, finde ich.
Genau wegen dieser Dinge habe ich auch an mir und meinem Þorður gezweifelt. Weil er eben nicht glücklich ans Gatter gelaufen kommt und weil ich nicht wusste, ob mich und mein Pferd dieses Gefühl, das Seelenpferd gefunden zu haben, verbindet. Ich habe schlicht und ergreifend an uns gezweifelt, weil ich überall Seelenpferden und liegenden Superponys und steigenden Megahengsten und dauerharmonischen Perfektionsbildern begegnet bin. Und mit diesen zweifelnden Gedanken bin ich mir absolut sicher, dass ich mich, ihn und unsere Beziehung zueinander unnötiger Weise runtergezogen habe und uns so in einen Konflikt gebracht habe.
Weil ich mir große Sorgen gemacht habe und die hat er gespürt. Dabei sind die „Seelenpferd-Momente“ doch da! Man muss sie nur sehen. Vielleicht wird es kein
- “Mein-Pferd-kommt-ans-Gatter-galopppiert”-Gefühl
- Und auch kein “Mein-Pferd-kuschelt-sich-an-mich”-Gefühl.
Vielleicht gibt es nur ein
- “Mein-Pferd-gibt-mir-nach-einem-Jahr-endlich-die-Hufe”-Gefühl
- Oder ein “Mein-Pferd-rennt-nicht-mehr-weg-wenn-ich-es-holen-will”-Gefühl.
Denn wir alle sind doch einzigartig, haben mal gute und mal schlechte Tage – und so geht es auch unsere Pferden. Das verkennt und vergisst man gerne mal. Wer bestimmt denn, was ein Seelenpferd ausmacht? Nur weil er nicht ans Gatter kommt, wenn ich rufe, nicht immer Lust auf mich hat und wir bis jetzt nicht diese tollen Ganz-Ohne-Alles-Übers-Stoppelfeld Momente hatten, ist er trotzdem jemand, mit dem ich gerne meine Zeit verbringe und ein Teil meines Tages, auf den ich mich immer freue.
Mein Seelenpferd, mit dem ich jetzt schon das 4. Jahr verbringe und keine Sekunde davon an uns zweifeln sollte!
Mit herzlichen Grüßen
Amelie und Þorður”
miia: Hihihi – guuuut, dann bin ich ja beruhigt. Danke Amelie für deine Geschichte! Ich wünsche dir noch viele Seelenmomente der besonderen Art. Denn derer gibt es viele … man muss sie nur erkennen.
Habt noch ein wunderbares Restwochenende! Geniiiiiießt es! Ich fahre jetzt noch zu meinem Geburtstagspferd. Ich finde, es braucht heute unbedingt ein neues Halfter 🙂 .